· 

Wer inne hält, erhält von innen Halt.

Wer inne hält, erhält von innen Halt.

Wir leben in einer Zeit, in der alles immer schneller zu laufen scheint. Das beginnt schon recht früh im Leben und setzt sich – wenn es nicht bewusst gemacht wird – einfach fort. Gesellschaftliche Erwartungen mischen sich mit unserem individuellem Druck und Ansprüchen, der Alltag fordert uns …

 

In unserem Gehirn haben wir einen kleinen mandelförmigen Teil, der sich Amygdala nennt. Sie wird auch Mandelkern genannt und ist unter anderem an der Entstehung unsere emotionalen Reaktionen beteiligt. Die Amygdala schaut ständig, ob uns irgendwoher Gefahr droht. Nimmt sie etwas wahr, dass ihr bedrohlich scheint, meldet sie dem Hypothalamus „Achtung Gefahr!“. Der Hypothalamus steuert unter anderem unsere Atmung, den Kreislauf, unsere Körpertemperatur sowie die Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme. Dieser schickt ein Signal an unsere Nebenniere: „Wir brauchen jetzt Cortisol!“ Die Nebenniere fährt sofort unser Immunsystem und unser Verdauungssystem herunter. Sie braucht ja die Energie, um das Anti-Stress-Hormon Cortisol zu produzieren. Und dann steigt unser Adrenalinspiegel.

 

Sollte sich nun im Alltag herausstellen, dass es nur ein „blinder Alarm“ war, weil bloß die Katze etwas heruntergeworfen hat und uns nichts Böses droht, legt sich unsere Aufregung im Normalfall auch wieder. Cortisol und Adrenalin im Blut sinken.

 

Wenn aber immer wieder Ärger oder Stress aufkommen, ohne dass es uns und unserem Körper möglich ist, den vorherigen Stress zu verarbeiten (unser Stresssystem herunterzufahren), sind unsere Stresshormone auf Dauer auf einem recht hohem Niveau. Dann sind wir gewissermaßen in einer Daueranspannung. Auf lange Sicht kann das unserem Körper schaden. Das merkt man oft im Bereich des Schlafes, der Verdauung, der Immunabwehr etc.

Warum ist das interessant?

Weil es mittlerweile gut erforscht ist, wie Achtsamkeit und auch Selbstmitgefühl positiv auf unser Stresserleben einwirken können. Und zwar nicht nur auf Stresserleben durch unser alltägliches Leben, sondern auch in emotionalen Krisensituationen. Insbesondere aber auch bei Herausforderungen in der Elternschaft und der Begleitung von Kindern. Denn gerade als Eltern ist es hilfreich, wenn wir auch in stürmischen Phasen möglichst gut „dasein“ können. Also uns selbst immer wieder regulieren und stabilisieren können.

Das beginnt mit einem kleinen ersten Schritt. Wie geht es mir jetzt? In diesem Moment? Einfach wahrnehmen. Eine achtsame Haltung ist eine Haltung, in der wir beobachten, ohne zu bewerten. Das ist oft richtig herausfordernd, weil wir das nicht gewöhnt sind. Mit der Zeit und etwas Übung kann uns dies aber gelingen.

Und in einem nächsten Schritt mit einer ordentlichen Portion Mitgefühl für uns selbst, sollten wir bemerken, dass es uns gerade nicht so gut geht. Selbstmitgefühl. Eine Form von mitfühlender Anteilnahme wie wir sie einer guten Freundin oder einem guten Freund entgegen bringen würden, wenn er oder sie uns erzählt, wie es ihm /ihr geht...

 

Deshalb würde ich das Zitat von Lao-Tse folgendermaßen abwandeln:

 

»Wer inne hält und sich selber immer wieder liebevoll zuwendet, erhält von innen Halt. «

 

Und das erklärt vielleicht auch, weshalb ich die Haltung der Achtsamkeit für so wertvoll in der Begleitung von Menschen empfinde. Die Erfahrung in der jahrelangen Arbeit mit Menschen hat mir gezeigt, was für ein wunderbarer Schatz an Ressourcen hier immer wieder geborgen werden kann. Ich praktiziere selbst eine integrative Form der Achtsamkeit und des Selbstmitgefühls und lasse dies auch immer wieder in der Arbeit miteinfließen bzw. gebe diesen Zugang als ausgebildete Achtsamkeitslehrerin auch gerne weiter. Für mich ist es eine gelebte Haltung, die Halt gibt.